Von einem stolpernden Kaiser, Viagra aus dem Mittelalter und Leichen im Keller.

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Ein Stadtrundgang einmal anders

Speyer ist eine wirklich wunderschöne Stadt und hat historisch sehr viel zu bieten.

Die Stadt liegt für mich quasi fast um die Ecke. Doch mein letzter Besuch liegt bereits ein Weilchen zurück. Da meine Mama immer wieder von von der Domstadt schwärmte, plante ich einen Tagesausflug mit ihr.

Du kannst Speyer auf verschiedene Arten erkunden. Auf eigene Faust, mit einem Stadtplan (den bekommst Du also Download* oder direkt in der Tourist-Information*) oder mit einer geführten Städtetour*. Die Stadt Speyer hat hierzu eine große Auswahl im Programm.

Da mein Wahlspruch “Normal kann jeder” lautet, entschied ich mich für die Nachtwächter-Tour. Bisher habe ich mit dieser Art von Stadtrundgängen sehr gute Erfahrungen gemacht. Sie sind sehr erlebnisreich. Die Guides glänzen mit schauspielerischem Talent und die geschichtliche Vergangenheit wird Dir sehr lebendig vermittelt.

Schockiert !

Unser erstes Zusammentreffen mit dem Nachtwächter

Pünktlich stand er am vereinbarten Treffpunkt dem St. Georgsbrunnen, an der alten Münze*. Er blickte etwas griesgrämig in die Runde und brummelte bei meiner Vorstellung etwas von “Ah ja, die von der Presse“.

Das kann ja heiter werden. War mein erster Gedanke. Es folgte ein flüchtiger Blickwechsel mit meiner Mutter. Wir hatten wohl beide den selben Gedanken.

Zu uns gesellte sich eine weibliche Gruppe. Auf Nachfrage des Herrn Nachtwächters berichteten sie uns, sie kämen aus Rottweil. Plötzlich ließ er einen Schwall Schimpfwörter und Beleidigungen über die armen Schwaben verlauten. Die Damen waren sichtlich schockiert. Eine schien vor Entrüstung kurz vor dem Tränenausbruch zu stehen. Mir klappte die Kinnlade herunter. Ich begann mir im Geiste einige Ausreden zurechtzulegen, wie wir aus dieser Stadtführung wieder herauskamen.

Ein Ehepaar, das unmittelbar neben uns stand, lies mich jedoch meine Pläne ändern. Lachend versicherte mir die Frau, dass dieses unmögliche Verhalten alles nur Show ist.

Tatsächlich wurden die Einwohner von Speyer in der Vergangenheit vermehrt von den Schwaben ausgeraubt. Somit waren diese darmals alles andere als beliebt.

Nachtwächter, ein verdammt harter Job

Nachtwächter gibt es schon seit dem 13. Jahrhundert in Speyer.

Die vom Rat ausgewählten Männer sorgten bei Wind und Wetter für Sicherheit und Ordnung in der Domstadt. Sie achteten auf eventuelle Brandgefahren und sorgten für die Einhaltung von Ruhe und Sicherheit. Die Nachtwächter verkündeten zudem den Bewohnern von Speyer die vollen Stunden und jede halbe Stunde mit dem Horn.

Unser etwas eigenwilliger und eher mürrisch gestimmter “königlich-bayrischer Nachtkommissär”, stellte uns nicht nur die historischen Bauwerke vor.  Er berichtete uns auch von dem nicht immer ganz so einfachen Leben der Menschen, die in der alten Stadt voller Brauchtum, Traditionen und Geschichte lebten.

Unser Nachtwächter

Skurille, historische Geschichten…

Da war zum Beispiel die makabere Information, dass man die im Winter verstorbene Verwandte einfach mal im Keller lagerte  (dies war der kälteste Ort im Haus). Bestattungen waren daher nicht möglich. Der Boden war um diese Jahreszeit gefroren. Beerdigungen wurden daher im Mai nachgeholt. So entstand auch das sogenannte “Dropsfest” (der Begriff ist abgeleitet vom Tauwasser).

In dieser Zeit hätte ich sicherlich jeden Keller gemieden.

Übrigens steht in Speyer die zweitälteste Apotheke Deutschlands.

Die geschäftstüchtigen Apotheker der “Einhorn-Apotheke*” waren sehr einfallsreich. Sie ließen Ochsenhörner und Rehgeweihe in der Pulvermühle zermahlen – schließlich könne der Glauben Berge versetzen (so wie heute noch Nashörner abgeschlachtet werden, um aus deren Horn angeblich potenzfördernde Pulver herzustellen)! Für die Damen gab es Marzipan als Unterstützung zur geplanten Schwangerschaft. Es sollte eine aphrodisierende Wirkung haben.

Wusstest Du, dass Heinrich V bei seinem Besuch in Speyer auf dem Weg vom Altpörtel, dem Speyrer Stadttor, zum Dom sieben Mal hingefallen ist. Daraufhin stellte er einen Erlass auf. Er wurde ab sofort nur noch mit der Kutsche zum Dom gefahren

Das Altpartei bei Nacht

Von der Raupe zum Nachtfalter

Vom Nachtwächter, der gar nicht so mürrisch war…

Von der anfänglichen Antipathie war im Laufe des Abends nichts mehr zu spüren. Unser Nachtwächter fesselte uns mit Geschichten aus vergangenen Zeiten. Mit viel Witz, Ironie und schauspielerischem Können brachte uns unser “Herre Nachtrath” aka Herr Geiger uns die Geschichte und das Leben aus vergangenen Zeiten näher. Selbst die Gruppe aus Rottweil war begeistert. Ok, die Dame, die zu Anfang kurz vor dem Tränenausbruch stand, schaute ihn auch noch kurz vor dem Abschied etwas skeptisch an. 

In einem Gespräch mit Herrn Geyer auf unserem Weg zum Bahnhof, wird uns klar, wie gerne er den Gästen vom historischen Speyer und deren Bewohner erzählt. Das Thema des Abends wählt er jedes Mal spontan. Interessant ist zu sehen, wie sehr er seine Besucher fesselt. Egal ob Jung oder Alt, jeder hängt an seinen Lippen.

Historisches Speyer; Unterwegs mit dem Nachtwächter

Fazit

Ich habe mittlerweile bereits einige Nachtwächtertouren in anderen Städten (und Ländern) mitgemacht. Abgesehen von meiner Geistertour durch Zagreb*, zählt dieser Walk durch Speyer zu meinen Favoriten.

Für öffentliche Rundgänge ist keine Anmeldung erforderlich!


Preise / Tarife
Erwachsene/Jugendliche (ab 14 Jahre)   8,- €

Besucher mit SpeyerCard / Schüler/Studenten (mit Ausweis)  6,- €

Kinder bis 14 Jahre   
4,- €
Karten/Gutscheine gibt es auch vor Ort
bzw. in der Tourist Info Speyer

Gruppenrundgänge
bis 15 Personen   90,- €
bis 30 Personen 120,- €
bis 50 Personen 150,- €
größere Gruppen 180,- €

Die Rundgänge finden bei jedem Wetter statt.
(Ausnahme: Starkregen, Gewitter, Eis oder akute Unwetterwarnung)!
Achten Sie daher bitte auf die passende Bekleidung
– und auf das entsprechende Schuhwerk. 

Die Rundgänge sind für Kinder unter zehn Jahren nur bedingt geeignet!

Herzlichen Dank an die Nachtwächterey zu Speyer* für die Möglichkeit der Teilnahme und an die Tourist-Information Speyer* für die Vermittlung. 

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